Nummer /interviews/2004-08-25_Maria-Freisinger
Titel Interview mit Maria Freisinger, 25.8.2004
Interview-Partner Maria Freisinger
Geburtstag 1929-09-18
Todestag 2012-01-19
Alter 74
Beziehung zu Högn Schüler und Sängerin unter August Högn
Ort Ruhmannsfelden
Datum 2004-08-25
Dauer 74
Wikicommons-Datei August_Högn_-_Interviews_16_Interview_mit_Maria_Freisinger,_25.8.2004.ogg
aufgenommen true

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Josef Friedrich: Woher kannten Sie August Högn?

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Maria Freisinger: In den letzten Kriegsjahren habe ich ihn in der Schule gehabt. Er wäre eigentlich schon pensioniert worden, aber wegen des Krieges hat er noch Schule halten müssen. Als ich in der 7. oder 8. Klasse war, hatten die eine Klasse am Vormittag 3 Stunden Unterricht und dann die andere Klasse am Nachmittag 3 Stunden, Mädchen und Buben getrennt.

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Josef Friedrich: Und beide Klassen hatten August Högn als Klassenlehrer.

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Maria Freisinger: Ja, er hat beide gehabt. Viele junge Lehrer waren ja im Krieg. Nach dem Krieg hat August Högn dann aufgehört. Frau Ascherl, Rosenbeck, Schneider und Herr Ertl waren auch an der Schule. Er müsste nicht einrücken. Die Klassen waren auch viel größer als heute.

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Josef Friedrich: Können Sie sich daran erinnern, dass August Högn während einer Beerdigung nicht in der Schule anwesend war?

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Maria Freisinger: Ja, es fanden nicht nur Beerdigungen, sondern sehr viele Trauergottesdienste statt, die waren alle auch am Vormittag. Vielleicht hat auch eine andere Lehrkraft auf uns aufgepasst, das weiß ich nicht mehr so genau. Und am Ende des Krieges hat Högn nicht mehr Beerdigungen spielen dürfen und er wurde nicht mehr befreit von der Schule. Da ist dann eine Mallersdorfer Schwester als Organistin gekommen. Ich kann mich auch erinnern, dass diese Schwester dann auch Singstunden gehalten hat. Solange ich unterm Högn gesungen haben, ist vielleicht ein oder zwei Mal eine Singstunde gewesen. Ich weiß nicht, ob sich dann die Hauptsängerinnen wie die Glasschröder Mathild, die Frau Essigmann oder die Raster Res getroffen haben zu einer Chorprobe, wenn sie was neues gelernt haben. Bei einem Stück, wo der Sopran geteilt war, bin ich dann, die Frau Stern war auch dabei, zum Högn in die Wohnung zum Proben gekommen. Es gab keinen festen Termin für die Proben und wahrscheinlich sind dann nur die zwei Hauptsängerinnen gekommen. Vielleicht der Holzfurtner im Bass und hin und wieder der Schwannberger mitgesungen. Während des Krieges gab's keine jungen Männer im Bass. Ich bin zum Chor gekommen, weil der Pfarrer Bauer mich und meine Freundin Schindelbeck Elfriede gefragt, ob wir nicht mitsingen, da die Frau Essigmann weg hat müssen, sie ist aber dann doch da geblieben. Ich bin dann im Chor geblieben, weil mit mir die Frau Brummer, später Frau Hellauer, sie hat immer Sonntags gesungen, in den Chor gegangen ist.

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Josef Friedrich: Obwohl Sie mitgesungen haben, waren Sie nicht bei den Proben dabei?

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Maria Freisinger: Nein, da hat uns keiner was gesagt. Ich habe jeden Sonntag mitgesungen, wie ich das Pflichtjahr gemacht habe. Dann habe ich mal aufgehört. Die Raster Res hat die Noten ausgeteilt, einmal hat sie mir eine Stimme gegeben und einmal nicht. Vielleicht sind Sie auch zu wenig gewesen. Von der Glasschröder hat auch die Glasschröder Anne mitgesungen, sie war schon älter. Sie hat gesagt: „Komm, schau zu mir rein.“ Es gab Verschiedene, die länger in der Arbeit fort waren oder nur auf Urlaub da waren, und dann mitgesungen haben.

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Josef Friedrich: Es ist jede Woche ein Messe aufgeführt worden?

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Maria Freisinger: Ja, jede Woche. Sogar jeden Tag, aber halt nur mit drei Frauen. Ich habe dann öfter mitgesungen, zusammen mit der Frau Stern und der Frau Weghofer, wie eben die Klosterschwester da war. Die hat dann öfter eine Probe gehalten im Kindergarten. Am Donnerstag war immer ein Amt, wo wir auch mitgesungen haben. Einsingen hat es da nie gegeben. Wenn es die anderen können, kann man sich leicht einhalten. Aber man ist auch mal ausgetrickst worden, wenn die andere hören wollten, was wir machen.

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Josef Friedrich: Sind dann jeden Sonntag verschiedene Messen aufgeführt worden?

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Maria Freisinger: Ja, immer verschiedene. Als junger Mensch lernt man das ja leicht. Und wenn man akzeptiert wird, geht das schon. Aber manchmal hatte ich das Gefühl, als ob es ihnen nicht recht ist, wenn man mitsingt. Der Högn hat da nie eingegriffen. Wenn die Frau Triendl im Urlaub da war, dann hat die mitgesungen. Sie war das ganze Jahr nicht da. Aber im Urlaub oder an Weihnachten hat sie mitgesungen. Frau Seidl hat auch nur Sonntags gesungen. So wie die Plank Marianne oder die Frau Grassl. Vielleicht war das beim Högn anders, als er noch jünger war. Er war damals einfach ein alter Mann. Da hat er sich nicht mehr mit Proben abgeärgert.

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Josef Friedrich: Högn hat 1954 aufgehört, haben Sie was vom dem Chorregentenwechsel mitgekriegt?

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Maria Freisinger: Nein, ich habe schon vorher aufgehört. 1953 ist Pfarrer Reicheneder nach Ruhmannsfelden gekommen und er wollte es nicht mehr so, wie es beim Pfarrer Bauer war. Pfarrer Reicheneder hat gesagt, was gesungen werden sollte. Beim Pfarrer Bauer ist ja das Gloria und Credo nie ganz gesungen worden. Es ist immer ein Teil ausgelassen und übersprungen worden, auch an Ostern und Weihnachten. An Weihnachten ist das „Et incarnatus est“ immer gesungen worden. An Ostern der Teil „Crucifixus ...". Und dann der Schluss. Bei Werktagsmessen ist einfach aufgehört worden.

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Josef Friedrich: Haben sie bei Aufführungen von August Högns Kompositionen mitgewirkt?

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Maria Freisinger: Nein, da kann ich mich nicht erinnern. [... Zeitungsartikel über die Aufführung der Josephs-Messe....] 1953 war er schon noch Chorregent, weil wir da geheiratet haben und ich ihn ersucht habe, ob der Kirchenchor nicht bestimmte Lieder singen könnte. Und das haben sie dann schon gemacht.

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Josef Friedrich: Frau Essigmann hat gesagt, dass August Högn praktisch aus dem Kirchenchor „rausgeekelt" wurde?

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Maria Freisinger: Sicher, da ist was Wahres dran. Die meisten Chorsänger haben dann aufgehört, wie die Frau Essigmann und die Glasschröder Mathild, nur die Raster Res nicht. Wie der Högn aufgehört hat, habe sie auch aufgehört. Die Frau Grassl hat dann wieder angefangen, wie der Herr Danziger dann Nachfolger war. Der Kern des Chores hat aufgehört. Der Herr Danziger hat sich dann wieder Leute gesucht.

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Josef Friedrich: Was hat denn dann der Pfarrer Reicheneder geändert?

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Maria Freisinger: Er hat bestimmt was gesungen werden soll. Es ist immer das gleiche Lied am Schluss gesungen worden und Reicheneder wollte ein passendes Lied zu jedem Gottesdienst haben. Ich kann mir schon vorstellen, dass sich der Högn gedacht hat: „Jetzt bin ich so alt und habe so lange Orgel gespielt und jetzt soll ich auf einmal so und so spielen.“ Ich glaube nicht, dass der Pfarrer Reicheneder den Högn „rausekeln“ wollte. Jeder Pfarrer hat seinen eigenen Stil.

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Josef Friedrich: Wie sind die Singstunden zur Schulzeit abgelaufen?

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Maria Freisinger: Wir haben nicht viel Singen gehabt, bei 3 Stunden Schulzeit am Tag. Wir haben hauptsächlich in der Früh gesungen, anstatt des Betens. Das Beten war ja verboten und es ist dann ein Lied gesungen worden. Er hat uns dann oft die Liederbücher einfach hingeworfen und wir haben uns selber was aussuchen können. Ein Lied haben wir dann gesungen. Wir hatten ja nur 3 Stunden Schule von 8 bis 11 Uhr. Normalerweise ist dann eine Stunde Pause gewesen für den Lehrer. Um 12 bis um 3 Uhr war dann die nächste Klasse dran. Aber er, der Högn, hat die Pause ausgelassen, die andere Klasse kam auch um 11 Uhr. Zum Mittagessen ist er aber trotzdem gegangen. Wir haben entweder gesungen oder er hat uns eine Aufgabe zu rechnen gegeben, während er nach unten in seine Wohnung zu essen gegangen ist und dann ist er wieder gekommen. Da ist natürlich, wenn wir mit Buben in einer Klasse waren, ein Unfug passiert. Er hat dann früher zur Jagd gehen können.

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Josef Friedrich: Sie haben mal erzählt, dass Högn beim Schulsingen speziell für sie eine Stimme dazu geschrieben hat?

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Maria Freisinger: Ja, das hat er gemacht. Wir haben irgendein Lied gesungen und die Schindlbeck Elfriede hat dann ganz spontan dazu geterzt. Am nächsten Tag hat uns Högn ein Blatt mit einer ausgeschrieben 2. Stimme gegeben. Ich weiß nicht, ob wir die 2. Stimme dann geübt haben. Wir haben uns halt gefragt: „Wie sollen wir den das singen?“ Die Buben haben ja so wie so nicht mitgesungen. Wir Mädchen haben halt Volkslieder gesungen, die wir singen konnten.

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Josef Friedrich: Sind die Lieder begleitet worden?

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Maria Freisinger: Nein, es ist nur gesungen worden. Ich weiß auch nicht mehr genau, ob er überhaupt mitgesungen hat.

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Josef Friedrich: Sie haben das Chorsingen wieder unterm Herrn Danziger begonnen?

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Maria Freisinger: Ja. Herr Danziger hatte auch einen weltlichen Chor, in dem Flüchtlingsfrauen und evangelische Frauen mitgesungen haben. Gleich ist die Frl. Maria nicht gekommen und hat Orgel gespielt, denn der Herr Danziger war sich hier nicht so sicher, wie der Högn. August Högn hat Orgel gespielt, mitgesungen und auch manchmal den Takt gegeben. Er war ein guter Organist.

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Josef Friedrich: Er hat also nicht allein den Chor dirigiert und jemand anderer hat Orgel gespielt?

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Maria Freisinger: Das hat er überhaupt nicht gemocht. Dirigenten hat er überhaupt nicht gemocht. Eine Zeit lang hat ein Flüchtlingsehepaar aus Zachenberg im Chor mitgesungen. Der Mann war ein recht ein guter Musiker und hat eine Messe, die überwiegend im a capella Stil war, komponiert und August Högn sogar gewidmet. Dieser Mann hat dann die Messe selber dirigiert und mit uns ein studiert. Diese Messe haben wir nur einmal gesungen. Die Kellermeier Rita, die jetzt Ernst heißt hat auch mitgesungen und hat diesen Mann mit seine Frau zu Chor gebracht.

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Josef Friedrich: Herr Danziger hat eine Organisten gehabt?

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Maria Freisinger: Die Frau Reisinger Maria, die im Pfarrhof mitgearbeitet hat, hat Orgel gespielt. Herr Danziger war der Chorregent und die Frl. Maria war die Organistin. Die Frl. Maria, wie man einfach gesagt hat, war solange da, bis der Herr Pfarrer Krottenthaler gekommen ist.

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Josef Friedrich: Herr Danziger hat dann von 1954 bis 1974 den Chor geleitet?

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Maria Freisinger: Ja, auch nicht immer. Er hat dann eine Zeit lang aufgehört. Da hat uns dann der Geiger Karl dirigiert. Er hat aber gesagt, Probe hält er nicht, er hat uns nur dirigiert. Das war zurzeit als der Kooperator Hirmer da war. Wir haben mit dem Hirmer geprobt. Das war 1955 bis 1957. Der Herr Danziger hat später aber wieder angefangen. Ich weiß aber nicht, warum er aufgehört hat. Vielleicht hat er sich geärgert. Auf einmal war er wieder da.

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Josef Friedrich: War Herr Danziger Chorleiter bis 1974, als Pfarrer Krottentaler gekommen ist? Er hatte ja denn Kirchenchor selber geleitet.

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Maria Freisinger: Ja wahrscheinlich. Das ging, weil immer noch ein Kaplan da war. Der Kaplan hat den Hauptgottesdienst gehalten, und Herr Krottenthaler hat den Chor geleitet. Zu der Zeit ist dann auch Herr Lankes dazu gekommen und hat dann Orgel gespielt.

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Josef Friedrich: Wissen Sie, ob Messen von Högn von seinen Nachfolgern aufgeführt wurden?

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Maria Freisinger: Das kann schon sein. Die Laurentius-Messe haben wir bestimmt gesungen, denn diese hat Herr Danziger zu einer deutschen Version umgearbeitet. [... alte deutsche Schreibschrift ...]

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Josef Friedrich: Welcher Gesinnung war Högn zur Nazi-Zeit?

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Maria Freisinger: Ein Nazi war er nicht. Ich war zwar damals noch ein Kind, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Högn ein Nazi war.

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Josef Friedrich: War unter dem Lehrern Nazis?

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Maria Freisinger: Was heißt Nazis? Die Frau Schneider und Ascherl war halt bei der Frauenschaft. Wenn dann war die Frau Werner eine Nazi. Die Lang Lola hat man sie genannt. Als ich mein Pflichtjahr im Kindergarten gemacht habe, musste ich auch in eine Art Berufsschule gehen, früher hat es Sonntagsschule geheißen. Im Winter des letzten Kriegsjahres war es sehr kalt und in den Schulräumen war nicht eingeheizt und wir sind dann in den Klassenzimmern mit Mäntel gesessen. Einige von uns haben dann gejammert: „Es ist so kalt! Wir können nicht schreiben.“ Die Frau Werner hat dann gesagt: „Jetzt habt euch nicht so. In der Kirche ist auch nicht eingeheizt und ihr jammert da auch nicht.“ Die Frau Schneider war vielleicht Schriftführerin bei der Frauenschaft. Wenn dann war die Frau Werner eine Nazi. In der Schule hatte ich die Frau Schneider nicht. Sie muss eine strenge Lehrerin gewesen sein. Ich hatte die Frau Rosenbeck und dann den Lehrer Hierl und dann seine Frau. Die Frau Hierl hat aber nur im Krieg Unterricht gehalten, weil die Lehrer einfach zu wenig waren. Die Frau Ascherl war sicher kein Nazi, weil sie auch im Kirchenchor mitgesungen hat. [... Kriegerdenkmal ...] Man hat sich hier anpassen müssen. Auch im Kindergarten, als in das Pflichtjahr gemacht habe, war ein Hitler-Bild an der Wand. Eine Schwester, die aus Landshut gekommen ist, hat erzählt, dass dort jemand von der Partei kontrolliert hat. Das war bei uns am Land natürlich nicht so häufig der Fall.

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Josef Friedrich: Haben Sie den Herrn Schroll gekannt?

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Maria Freisinger: Als ich in die Nähschule gegangen bin - die Nähschule war immer nachmittags nach der normalen Schule bei den Mallersdorfer Schwestern - haben wir jedes Jahr Theater gespielt. 1939 haben wir das Singspiel „Die Gänse Hirtin“ aufgeführt und da hat uns der Schroll am Klavier begleitet. Bei der Probe war er noch da und dann ist er krank geworden. Und dann hat uns der Lehrer Ertl begleitet. Früher hat ja jeder Lehrer ein Instrument gespielt, dass war ja glaube ich sogar Pflicht. Es war Winter und es hat geheißen, dass er beim Skifahren war und da hätte er sich erkältet. Der Herr Schroll war verheiratet, ob er Kinder hatte, weiß ich nicht. Er kommt vielleicht von der Kollnburger Seite und er hat auf der Gemeinde gearbeitet. Mein Bruder Herrmann Mader, der schon 1937 gestorben ist, hatte bei ihm Klavierunterricht. Mein Bruder hat auch Trompete gespielt und hat bei der Kirchenmusik mit der Geige mitgewirkt, wie noch mehr mit Orchester gemacht wurde.

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Josef Friedrich: Schroll war Kirchenchorleiter?

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Maria Freisinger: Ja, bis er gestorben ist.

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Josef Friedrich: Haben Sie die Familie Rauscher gekannt?

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Maria Freisinger: Der Name sagt mir schon was, aber vom Kirchenchor her kenne ich Sie nicht mehr. Ich habe bei einem Rauscher das Geigenspiel gelernt. Ich weiß nicht mehr, ob beim Siegfried oder beim Ludwig Rauscher. [... Geigenunterricht ...] Die Familie führte eine Konditorei und kleines Cafe. Nach Krieg haben die beiden Bälle gespielt mit Klavier und Geige.

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Josef Friedrich: Sind während der Kriegszeit festliche Messen aufgeführt worden?

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Maria Freisinger: In der 8. Klasse hat mich, glaube ich, der Pfarrer Bauer gefragt, ob ich zum Kirchenchor gehe. Und von da an kann ich mich nicht mehr erinnern, dass eine festliche Messe aufgeführt wurde. Erst später beim Hirmer haben wir wieder festlichere Messen aufgeführt. Obwohl, die Lehrerin Ascherl und der Lehrer Martl haben mit Geigen mitgespielt.