Nummer | /correspondence/057 |
Betreff | Brief von Stephan Leitern an Josef Friedrich, 5.11.2004 |
Datum | 2004-11-05 00:00:00 +0000 |
Absender | Stephan Leitern |
Empfänger | Josef Friedrich |
Am Berghang in der Leitn liegt ein ungewöhnlich geformter großer Felsen unweit der Bruckmühle. Er hat scharfe Kanten wie von Hand gehauen und scheint auch nicht aus einen Steinriegel entstanden zu sein.
In meiner Kindheit (so 8 Jahre alt) habe ich diesen Stein inmitten eines Dickichts bei meinen ?Streifzügen? in der Leitn entdeckt. Irgendwann habe ich diesen außerordentlichen Fund bei der abendlichen Unterhaltung in der Bauernstubn der Fam. Wilhelm erwähnt. Zu meinem Erstauen kannte der Herr Wilhelm diesen damals sehr versteckten Felsen aus seiner Jugendzeit, was mittlerweile über 100 Jahre her sein muss.
Er erzählte, dass damals der Fels weit höher aus dem Boden ragte und die Frontfläche zwei Eingänge hatte, welche trotz Vererdung noch hoch genug waren, um durch zu kriechen. Um diesen unterirdischen Gang zu erforschen nahmen ein paar Buben eine lange Stange und gefestigten eine Kerze mit einem Nagel und schoben diese Lichtquelle (Taschenlampen gab es damals noch nicht) vor sich her als die Mutigsten hineinkrochen. Nach Angaben des Herr Wilhelm ging der Gang ein gutes Stück in den Berg hinein ehe es zu gruselig wurde und sie wieder umkehrten.
Dass diese (angebliche wahre) Geschichte (mich als 8-9 jährigen Buben) mich nicht in Ruhe ließ ist wohl verständlich. Ich organisierte ein ?Arbeitsgruppe? von drei Freunden, um der Sache auf den Grund zu gehen. Einer war Wilhelm Gustl und außer mir selbst noch der Vogl Erich, oder der Riederer Helmut. Genau weiß ich das nicht mehr. Ich schleppte meines Vaters Pickel und Schaufel in die Leitn (ein schweres Stück Arbeit). Der Felsen war wohl seit der Kindheit der Herrn Wilhelm weiter zugewachsen oder eingesunken, sodass nur die oberen Kanten des Eingangs sichtbar waren.
Wir haben gegraben und ein Stück unter dem Felsen freigelegt. Der Arbeitseifer von 8-jährigen Buben hält aber nicht lange und das Interesse am Projekt schwand sehr schnell bei meinen Freunden, welche wohl keinen ?Forscherdrang? kannten. Um allein weiter zu machen, dazu war die Arbeit doch zu schwer und zu langweilig. Die frisch ausgegrabene Erde war noch mehrere Jahre sichtbar, aber durch das Dickicht sehr versteckt.
Nach vielen Jahren in Australien, wo ich beim Opalgraben öfter an die ?Graberei? am Felsen dachte, habe ich bei einem Urlaub den Felsen gesucht und Erinnerungen wachgerufen.
Zu meinem Erstaunen ist das Dickicht verschwunden und eine Platte gezeichnet den Stein jetzt als ?Eichendorff-Stein?. Von den damaligen Grabarbeiten ist nicht mehr viel erkennbar. Was wohl Eichendorf damit zu tun hat? Irgendwer scheint wohl weiterhin an diesem ungewöhnlichen Stein interessiert zu sein.
Stephan