Nummer | /archives/098 |
Titel | Geschichtliches über die Erbauung der Turnhalle in Ruhmannsfelden, 1928 |
Datum | 1928-01-29 |
Thema | Geschichtlicher Abriss über den Aufbau der Turnhalle. Schilderungen zur Aufführung des Holledauer Fidels |
Feld 1 | Geschichtliches über die Erbauung der Turnhalle in Ruhmannsfelden, 1928 |
Feld 2 | |
Fundort | Chronik des Turnvereins Ruhmannsfelden |
Im Jahre 1925 hat eine Kommission der Mitglieder des Bayer. Landtages eine Besichtigungsfahrt durch den Bayer. Wald unternommen. Diese Fahrt erstreckte sich von Deggendorf über Ruhmannsfelden — Viechtach nach Cham, von Cham über Lam — Eisenstein nach Zwiesel, von Zwiesel über Schönberg, Grafenau nach Freyung u. von Freyung über Wegscheid, Obernzell nach Passau.
Dabei sollten die H. Abgeordneten bei dieser Fahrt persönliche Eindrücke über den Bayer. Wald gewinnen u. außerdem sollten auch die Vertreter der einzelnen Ortschaften, die bei dieser Fahrt berührt wurden, ihre Sorgen u. Wünsche aus den verschiedensten Gebieten des öffentlichen Lebens den H. Abgeordneten persönlich mitteilen können. In Ruhmannsfelden begrüßte Auftrags gemäß H. Hauptlehrer Högn die Kommission u. überreichte des sämtlichen H. Abgeordneten die Sorgen u. Wünsche der Ruhmannsfeldner in einem zusammengefassten Schriftsatz. In diesem sind auch die Wünsche des Turnvereins niedergelegt gewesen. Sie lautete:
Turnverein Ruhmannsfelden e. V.
Ruhmannsfelden, den 22. September 1925
Euer Hochwohlgeboren!
Der Turnverein Ruhmannsfelden, gegr. 189_, der sich die Förderung des deutschen Turnens als eines Mittels zur körperlichen u. sittlichen Kräftigung, sowie Pflege deutschen Volksbewusstseins u. vaterländischer Gesinnung zum Ziele gesetzt hat, ist in einer sehr großen Notlage, da ihm für die kurze Zeit des Sommerturnens nur der Schulhof, für die lange Zeit des Herbst- u. Winterturnens überhaupt kein Platz zum Turnen zur Verfügung steht. Gleichzeitig ist aber auch die Ermöglichung eines geregelten Schulturnens für die 400 Schulkinder der hiesigen Volkshauptschule ausgeschaltet. Um diesem Missstand abzuhelfen, hat sich der Turnverein Ruhmannsfelden entschlossen, eine eigene Turnhalle zu bauen. Den Baugrund hiezu hat der Turnverein Ruhmannsfelden zum kleinsten Teil (10 dzm) käuflich erworben müssen (500 DM), zum größten Teil (12 dzm) hat er ihn vom Brauereinbesitzer Zitzelsberger hier als Schenkung erhalten. Bis jetzt hat der Turnverein Ruhmannsfelden die Grund- und. Zwischenmauern u. den Sockel der neu zu erbauenden Turnhalle, die nach den Plänen des H. Bez. Ober Ing. Ruff Viechtach gebaut wird, aus eigenen Mitteln aufgeführt. (15000 DM) Aus Staatsmitteln erhielt der Turnverein Ruhmannsfelden pro 1925: 2765.— in bar, aus Kreismitteln pro 1925: 300.-, vom Bezirksausschuss Viechtach 2 mal 500 Mark. 6000 Ziegel sind bereits von diesen Geldern käuflich erworben u. ein Teil des Bauholzes ist auch schon vorhanden. Die Turnhalle soll heuer voll unter Dach kommen u. im nächsten Jahr fertig gestellt werden. Hiezu ist aber der Turnverein Ruhmannsfelden nicht imstande, wenn ihm nicht tatkräftige Unterstützung von allen Seiten zu teil wird. Deshalb gestattet sich der Turnverein Ruhmannsfelden
1. an den Hohen Landtag die ergebenste Bitte zu stellen: es wollen vom Hohen Landtag erhöhte Mittel für das Turnwesen, insbesondere Mittel für den Turnhallenbau in den Märkten u. kleineren Städten des Waldes genehmigt werden, damit auch im Bayer. Walde der Turnbetrieb in den Turnvereinen das ganze Jahr aufrechterhalten werden kann u. ein geregeltes Schulturnen während des ganzen Schuljahres ermöglicht wird.
2. an die sehr geehrten Herren Landtagsabgeordneten die ergebenste Bitte zu stellen, dieselben wollen sich gütigst bei den zuständigen Stellen beim Ministerium u. der Kreisregierung für Gewährung eines erhöhten Zuschusses zur Erbauung der Turnhalle in Ruhmannsfelden bemühen, im Hinblick darauf, dass
a. der Bayer. Wald insbesondere die hiesige Gegend ohnehin in vielen Stücken noch sehr rückständig ist;
b. die jugendliche Bevölkerung der hiesigen Gegend sehr der Pflege u. Veredlung des Körpers u. der Disziplinierung durch ein straffes Turnen bedarf, insbesondere in Ermanglung der späteren militärischen Ausbildung der Jugend u. der Turnverein Ruhmannsfelden sich berufen fühlt — gerade hier in nächster Nähe der tschechischen Grenze deutsches Volksbewusstsein u. vaterländische Gesinnung zu pflegen.
Die Vereinskasse des Turnvereins Ruhmannsfelden war 1910 leer. Um nun den Erwerb eines geeigneten Turnplatzes zu ermöglichen, musste der T. V. R. nach Einnahmen außerhalb der Mitgliedsbeiträge trachten. Zu diesem Zwecke wurden innerhalb des Turnvereins eine Orchesterriege u. eine Männergesangsriege geschaffen.
Es wurden bunte Abende — Theaterabende veranstaltet (Siehe Beilagen), so dass aus diesen Einnahmen die Kasse des T. V. R. wesentlich bereichert wurde. Die Gesangsproben fanden im Vornehm Saal statt u. die Orchesterproben in der Wohnung von H. Apotheker Voit. Die Haupteinnahme für die Kasse des T. V. R. ergaben sich aber aus der wiederholten Aufführung des „Holledauer Fidel“, der 8 x vor ausverkauften u. überfülltem Haus aufgeführt wurde. Die Einstudierung u. Leitung dieses Niederbayerischen Singspiels lag in den Händen des Hauptlehrers Högn. Wegen der großen Zahl der Mitspieler — circa 100 — musste die Bühne in altem Vornehm Saal so aufgestellt werden, dass die Mitspieler die Bühne von rückwärts — also vom Vornehm Hof her erreichen konnten. Von den Hauptdarstellern sind hervorzuheben: H. Rudolf Schwannberger u. Frau Rauscher, geb. Anna Zellner — Frl. Frieda Högn u. H. Michael Zinke — Frau Zadler, z. H. Xaver Birnbeck — H. Valentin Kestlmeier, H. Lehrer Heigl u. H. Gendarm Königbauer u. H. Daumerlang jr.
Auf diese Weise gelang es dem T. V. R. dem Bierbrauereibesitzer Zitzelsberger R.felden 10 dzm Grund um 500 Mark abzukaufen u. 12 dzm gab Zitzelsberger freiwillig dazu her. Jetzt hatte der T. V. R. wenigstens einen Turnplatz. Es galt nun noch eine Turnhalle zu bauen, damit das Turnen auch in den Wintermonaten ermöglicht wurde. Hiezu erhielt der T. V. R. Zuschüsse und verbilligte Darlehen vom Staat, aus Kreismitteln, vom Bezirksausschuss. Am Sonntag, den 29. Januar 1928 war die Eröffnungsfeier der neuen Turnhalle in R.felden. Es wurde ein großes Orchester aus lauter R.feldner Musiker zusammengestellt, das bei dieser Gelegenheit ein hervorragendes Programm abwickelte. Die aktiven Turner gaben auf der Bühne der neuen Turnhalle Proben ihres Könnens. H. Hauptlehrer Martin hielt die Festrede. Unter der Hitlerzeit diente die Turnhalle als Versammlungsraum für die Nazis. Diese Zeit u. der Beginn des 2. Weltkriegs bedeuteten den Untergang des ganzen Turnwesens. Der T. V. R. konnte seinen eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen u. nur der Gemeinderat R.felden, der die Haftung für die Turnhalle übernommen hatte u. als Selbstschuldner für sie auftrat, hatte die Gefahr beseitigt, dass wenigstens die Turnhalle R.felden nicht versteigert wurde, wie an anderen Plätzen z. B. Deggendorf. Der Turnverein. R.felden hörte auf zu existieren. Erst ein paar Jahre nach dem 2. Weltkriege bemühten sich einige alte Anhänger der Turnsache, den Turnverein wieder ins Leben zu rufen. Gerne folgte Alt u. Jung dem Rufe u. mit einem kräftigen „Gut Heil“ ging es wieder an die neue Arbeit u. heute steht der T. V. R. mit seinem derzeitigen Vorstand H. Malermeister Krieger in hohen Ansehen.