Nummer /archives/073
Titel Brief von August Högn an Stephan Leitner, 10.3.1961
Datum 1961-03-10
Thema Brief an ehemaligen Schüler Stephan Leitner nach Australien. Themen: Christbaumschmuck, Sohn Gustl, sein gesundheitlicher Zustand, neuer Fernsehapparat, Bauvorhaben in Ruhmannsfelden
Feld 1 August Högn
Feld 2 Stephan Leitner
Fundort Briefe aus dem Besitz von Stephan Leitner
Das Dokument herunterladen Geehrter Herr Leitner!

Zur größten Überraschung bekam ich gestern Donnerstag 9. März Ihren lb. Brief, der mich sehr interessierte, denn von Ihnen bekomme ich doch wenigstens eine Rückantwort. Nun Sie haben Weihnachten gefeiert wie wir - aber ohne Schnee, sondern in großer Hitze. Weihnachten im Schnee ist sicher eine schöne Jahreszeit u. dazu alles mit Rodel u. Ski ausgerüstet u. dazu die bunten Kleider, gibt immer ein schönes Bild. Mit dem Christbaum plag ich mich nicht mehr lange herum. Wenn das Abschneiden von einem Christbaum schon verboten ist, dann verzichte ich vollständig auf den Christbaum. Dafür ist die Wohnung weihnachtlich dekoriert u. hergerichtet. Von den Vorhangstangen in den Zimmern hängen rote Bänder mit Silberkugeln daran in verschiedenen Größen. Ebenso von den elektrischen Lüstern der Beleuchtung hängen Bänder mit Kugeln, usw. u. das Lametta. Das war zwar ganz etwas Neues, aber es hat gefallen. Allen, die die weihnachtlich geschmückte Wohnung von innen u. außen gesehen haben, hat es sehr gefallen - ohne Christbaum. Und das Christkind hat Euch in Australien reichlich beschenkt. Und einen Volkswagen habt Ihr auch bekommen? War der im Verhältnis zu uns hier teuer? Die DM Aufwertung wird natürlich alles teurer machen. Dann habt ihr noch billig eingekauft.
Freilich gings im Anfang an den Baum! Das wird häufig vorkommen. Freilich war die Verletzung fatal, weil damit die Arbeit auch aus gesetzt werden muß. Aber es war doch nicht so arg schlimm. Der Volkswagen ist jetzt praktisch umgewandelt in einem Wohnwagen. Das ist praktisch für den Aufenthalt draußen auf den Lande oder an der Meeresküste. Mein Sohn Gustl, ist bei den Amerikanern, bei einer Radarstation in Herzogenaurach, hat sich ein altes Haus gekauft, hat dieses umgebaut u. jetzt vermietet an Erlanger Studenten u. ist recht glücklich daß er das gemacht hat. Das Meiste was er zum Umbau brauchte, bekam er von den Amerikanern, machte alles selber u. kam so billig weg. Voriges Jahr wollte er Fahrlehrer werden. Aber der Kostenpunkt war ziemlich hoch. Am Donnerstag starb Maler Hof. Gestern Freitag war die Überführung ins Leichenhaus. Gestorben sind in letzter Zeit sehr viele hier, aber größtenteils Flüchtlinge. Ich bin immer noch seit 5 Jahren linksseitig gelähmt u kann nicht marschieren. Ich habe einen Fernsehapparat gekauft (1000 DM) u sitze jetzt viel hinter Fernsehfilm. Da gibt es schon Sachen, auch z. B. von der Tierwelt Australiens. Ihr habt eine neue schöne Wohnung. Da werdet Ihr aber zufrieden sein? Ich denke schon, daß Heimweh u. der Gedanke an die Heimat manchmal arg rütteln u. zupfen! Aber! Wenn das Leben zufriedenstellend ist, wie z. B. schöner Verdienst, freies Leben, gute Bekanntschaft, dann wird es in Australien schon schöner sein als in der Heimat!
Ihre Frau Mutter, die ich jetzt seit Januar 1910 kenne, solange bin ich in R'felden, ist immer noch kränklich u. kann nicht heraus aus den 4 Wänden in der Wohnung wie ich. Da heißt es halt Zeitvertreib. Der Vater ist immer gesund und ziemlich fleißig. Bei dem gibt es kein Aussetzen. Das Bauen hat hier nach gelassen. Z. Zt. baut hier gar niemand. Birnbeck hat seine alte Hütte vollständig weggerissen u. einen Neubau aufgeführt. (Posthaltereck) Friedhofaufgang zum Ölberg) Birnbeck treibt Federnhandel, Bettfedern, Betten für Neuvermählte u. hat richtige Preise! Holler will das alte Holler Haus (früher Schmiede) wegreißen u. neuaufbauen. Zitzelsbergerbräu hat noch nicht gebaut. Die alte Ruine vom Graßl Binder Haus steht noch wie ehedem. Die Friedhofs Mauer kommt ganz weg. Dieser Verkehrhindernden Mauer ist das Todesurteil schon gesprochen. Die alten Gräber kommen weg auf den neuen Friedhof, die Straße wird breiter. Dann gibt es einmal eine schöne Durchfahrt durch den Markt, erst wenn das lästige Stiglbauer Haus auch noch weg wäre, das man seinerzeit beim Brande des oberen Marktes rettete u. stehen ließ als Verkehrshindernis. Im Fasching war es heuer hier ziemlich matt u. lustlos. Plank Schorsch war im Krankenhaus D.dorf u. wurde operiert. Ebenso Postbote Brummer jr., der die Plank Agnes geheiratet hat u. das Plank Anwesen (Georg Plank) besitzt. Im Krankenhaus Viechtach sind auch immer R.feldner zur Heilung u. Operation. Morgen ist in Viechtach Zuchtviehmarkt. Da gibt es immer schöne Tiere (Stiere, Kälbinnen) aber die sind teuer. 3000 - 4000 DM ein Stier, 2 - 3000 DM eine Zuchtkälbin. Neulich war großer Fastenmarkt in Deggendorf. Da gab es viele Leute, aber wenige Käufer. Blumen auf den Wiesen gibt es noch nicht. Da liegt zuviel Schnee noch in den Wäldern, darum ist es hier trotz intensiven Sonnenscheins immer noch kalt. Auf den Bergen, Hirschenstein, Rauher Kulm, Voglsang, Loderhart, Breitenau liegt noch Schnee u. das Skifahren geht dort vorzüglich.

Lieber Herr Leitner u. werte Frau Gemahlin!

Rosa Beischmied, meine Haushälterin u. Krankenfürsorgerin, senden Ihnen aus der Heimat 1000 beste Grüße u. wünschen, daß es Ihnen in Australien recht gut geht u. Ihnen dort recht gefällt. Viele Grüße von Ihren lieben Eltern, Verwandten u. Bekannten.

Es grüßt Sie

Ihr ergebenster!
A. Högn Rektor i. R.
u. Rosa B.