Nummer | /archives/006 |
Titel | Brief von Max Rauscher sen. an Kirchenverwaltung, 14.3.1927 |
Datum | 1927-03-14 |
Thema | Bitte des Vaters für mehr Besoldung für den Sohn |
Feld 1 | Max Rauscher sen. |
Feld 2 | Kirchenverwaltung |
Fundort | Pfarrarchiv |
Betreff.
Besoldungsfrage des Chorregenten.
Wenn ich mir in dieser Frage, als Vater des Chorregent, Stellung zu nehmen erlaube, so wollen die Herren Hösl entschuldigen, denn ich erkenne mit Recht, hierin seit 2 1/2 Jahren gewißen Einblick in diesen Bereich genommen zu haben + meine finanziellen Leistung zur Hebung unserer Kirchenmusik dürften weit über den der Kirchenratsmitglieder stehen.
An der Auflösung des früheren Dienstleistungsvertrag wäre ja an sich selbst nichts zu beanstanden, da er sich schon Anfangs als wertlos erwiesen hat, doch bin ich über dessen Begründung noch nicht ganz im Klarem, nachdem ich eine Forderung um gewollte Besold als Grund nicht ansehen kann, somit dieses Urteil, daß sehr viel Ähnlichkeit mit Versailes zeigt, mir bekanntlich Kläger + Richter in einer Person fungirten, wirklicher Reformierung bedürftig erscheint.
Ich muß offen gestehen, daß ich über das Verhalten der Kirchenratsmitglieder in dieser Sache sehr enttäuscht bin. Einige ältere Kirchenratsmitglieder werden sich noch errinnern können, daß z. Z. Herrn Lehrer Weig unser Kirchenchor einen guten Namen hatte. Es kam dann die Zeit der Anna Auer, wo R-felden den Niedergang der Kirchenmusik erlebte, der unseren Ort wahrlich nicht zum Ruhme gereichte.
Es ist deshalb sehr zu begrüßen, daß selbe durch Herrn Högn eine Verbesserung erfuhr.
Hat man bei Übernahme dieses Posten meinen Sohn gegenüber, wenig Vertrauen gesetzt, so glaube ich heute sagen zu dürfen, daß er seine Aufgabe voll + ganz erfüllte, die im als Berufschorregent zur Pflicht auferlegt ist + die es möglich machte unseren Kirchenchor in vollendeter Höhe zu sehen.
Gestatten Sie mir die Frage, hat nun dies zu ermöglichen, auch der Kirchenrat seine Bestand beizutragen?
Ich muß es mit - Nein - beantworten, sonst wäre es nicht möglich, daß das bisher geleistete so schlechte Würdigung ungeeignete Besoldung gefunden hätte.
Wo Pflichte sind, müssen auch Rechte bestehen + wenn der Chorregent die Pflicht hat, das beste in Kirchenmusik für eine Marktgemeinde zu leisten, auf die es ein Anrecht hat, so dürfte es auch Plicht der verehrl. Kirchenverwaltung sein, den Gehalt eines Chorregent nicht auf die Stufe eine Polizeidieners zu stellen.
Es zeigt sich, daß bei uns das sozialle Verständnis fehlt, möcht ich hierbei nur an einer Oster- oder Weihnachtsaufführung errinnern, die uns jedesmal mit Ankauf von neuen Messen über M 100 zu stehen bekommt, daß genau dem Gehalt von 1/4 Jahr entsprach.
Was sonst an direkten Auslagen enstehen, will ich gar nicht erwähnen, obwohl selbe schon oft bedeutend in die Waagschale fielen.
Oder denkt die verehrl. Kirchenverwaltung, daß eine Zahl von 30 - 35 Mitwirkenden, so ohne alles seinen Dienste anbietet? - Nein - einen Chor hierorts auf der Höhe zu halten, stellt ganz andere Forderungen + sind unsere wenigen Kräfte oft schneller verscheut als gewonnen, was sich bekanntlich kurz vor Weihnachten zeigte.
Ist dem verehrl. Kirchenverwaltung auch bekannt, wie notwenig es ist, neue Kräfte für den Chorgesang auszubilden.
Was dann? - wenn die Frl. Raster einmal dem Gesang den Rücken kehren?
Mein Sohn wäre auf Ausbildung besorgt gewesen. Allein ich konnte meiner Frau nicht zumuten wöchtenlich 2 mal den Reinigungsdienst bei Gesangsstunden der Jugend zu übernehmen, wenn weder Dank noch Entschuldigung von Seiten der Eltern noch Behörden vorhanden ist.
Unsere Rückständigkeit im Orte ist überall hinreichend bekannt. Deshalb meine ich, ist es besondere Pflicht das Erreichte nicht wieder verkommen zu lassen. Ich, wie meine Söhne, haben bisher alle Opfer gebracht, um Ruhmannsfelden ich welt + kirchliche Musik zu heben. Wen es leider zu Unmöglichkeit gemacht wird, fällt die Schuld auf jene, die auf eine Verbesserung dieser Zustande keinen Anteil haben wollen.
Anfügend nur davon ein Beispiel.
Mein Sohn Siegfried der allsontäglich in seiner zuständigen Kirche Münchens beim Gottesdienst mitwirkt, wurde vom dortigen Pfarrer M 20 angeboten, wenn er die Weihnachttage seine Mitwirkung zusagen würde. Nein - er lehnte dankend ab, mit der Begründung in seinem Heimatort helfen zu müssen.
Und in welcher Form in hier der Dank gebracht? Er wollte keinen Dank, was aber glauben die Herren, welchen Eindruck auf ihn die Mitteilung machte, das man am Jahrerschluß, wo es sonst in hochtönenden Worten üblich war, den Mitwirkenden am Kirchenchor zu danken, seinen Bruder die aufopfernde Mühe, Kosten und Arbeit eines Neujahrswunsch, in Form eines Mißtrauensvotum + Degradierung brachte, gegen die er sich nicht einmal verteidigen konnte, da er schon vor vollendeter Tatsachen gestellt war.
Wenn man auf der einen Seite durch das Getöse von Herrn Amberger, einer Übertretung der festgelegten Taxe glaubt feststellen zu können, was in Wirklichkeit nicht der Wahrheit entspricht, warum sieht man auf der anderen Seite nicht die vielen Aushilfen von Beerdigungen und sonstigen Verrichtungen, die dem Chorregenten durch Nichtbezahlung entgehen?
Ich meine, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg zu finden, wodurch der Chorregent in der Lage versetzt wird, mit voller Kraft mit gerechter Besoldung in seinem Amt zum Ansehen unseres Orts arbeiten können.
In aller Hochachtung
zeichnet
M. Rauscher
Conditor
NB. Eine Erklärung meines Sohns dürfte sich nach oben angeführten erübrigen.